Die Schweizerische Südostbahn fährt in Bern ein

Was für ein Schritt! Arth-Goldau - Rapperswil und Wädenswil - Einsiedeln: bis 2001 das bescheidene Aktionsfeld der kleinen Regionalbahn mit dem grossen Namen "Schweizerische Südostbahn", die mit 60 km/h über ihre 50‰ steilen Strecken kroch. 20 Jahre später, am 12.12.2021 fährt ein kupferfarbener, äusserst komfortabler Triebzug SOB-Traverso als IR 'Aare - Linth' in Bern ein.

In drei Stunden von Chur aus via Zürich, unterwegs zeitweise mit 160 km/h, verbindet er zudem Walensee und Emmental sowie Landquart oder Langenthal mit Zürich-Altstetten. Das wiederholt sich stündlich von 5 bis 24 Uhr.

Heute spielt die «Schweizerische Südostbahn», kurz SOB, in der nationalen Liga mit. In Stichworten: IR Voralpen-Express: St.Gallen – Rapperswil – Arth-Goldau – Luzern sowie zwei IR-Züge in Zusammenarbeit mit der SBB: Treno Gottardo: Basel/Zürich – Arth-Goldau – Göschenen – Airolo – Locarno und Aare – Linth: Bern – Burgdorf – Olten – Zürich – Ziegelbrücke – Chur. Dazu gesellen sich fünf S-Bahnlinien zwischen Arth-Goldau, Einsiedeln, Zürichsee, Glarnerland, Bodensee und Rheintal. Dort setzen die silberfarbenen Flirt-Triebzüge mit den Silhouetten von Bergzügen entlang der befahrenen Strecken Akzente, die man bei der Staatsbahn oft schmerzlich vermisst.

Auf dem schweizerischen Schienennetz ist nicht der freie Marktzugang, sondern der Wettbewerb der Ideen gefragt.  Diesem hat sich die SOB gestellt und der SBB 2020 den Betrieb über die Gotthard-Bergstrecke abgerungen dank eines Kooperationsmodells unter SBB Konzession aber mit eigenständiger Vermarktung. Die SOB setzt auf Freizeit und Tourismus. Ihre Züge verbinden Regionen ohne Umsteigen und sie stellt Marketing-Tools auf, um Attraktionen und Bahnreise neuen Kundensegmenten näher zu bringen. Mit Erfolg, trotz Corona wurden die Prognosen übertroffen. Die SOB will denn auch im Raum Ostschweiz/Zentralschweiz weiterwachsen – noch lassen sich die Verantwortlichen nicht in die Bücher gucken. An der Einweihungsfeier Aare-Linth in Bern war der neue BLS Direktor, Daniel Schaffer, geladen. In Luzern und Bern berühren sich die Netze von BLS und SOB. Beide Unternehmen sollen im Rahmen der bundesrätlichen Strategie neben der SBB ihre Trümpfe ausspielen zu Gunsten der Reisenden. Erwartet uns bald Neues? EC/IC-Züge und gewisse S-Bahnnetze bleiben bei der SBB, soweit ihre Töchter Thurbo und TiLo dies regional nicht effizienter bewerkstelligen. Unantastbar bleibt das Tarifsystem – auch wenn wie zwischen Olten und Bern SOB, BLS und SBB gleichzeitig unterwegs sind.

Ein Tipp: samstags/sonntags verbinden SOB-Züge 6-7mal Bern mit Locarno. In Olten kann nahtlos vom Aare-Linth auf den Treno Gottardo und umgekehrt umgestiegen werden. Werktags ist die Kombination nur zwei- resp. fünfmal möglich, da aus Kapazitätsüberlegungen zwischen Olten und Bern SBB-
Doppelstockzüge im Aare-Linth Fahrplan verkehren. Mehr Sitzplätze, aber bescheidener Komfort.

Kaspar P. Woker, 12.12.2021


Bildlegenden

  • A SOB Traverso Aare-Linth fährt in Bern ein.
  • B SOB Traverso Aare-Linth am Ziel in Chur.
  • C SOB im Doppel in Zürich HB, links Aare-Linth, rechts Treno Gottardo.


Fotos A-C pd/SOB / Fotos 1-6 Wo.

  1. Bahnhof Bern: Aare-Linth am Start. Die angezeigten IR-/RE-Züge werden von SOB und BLS betrieben.
  2. Der Einweihungszug: SOB Traverso und Flirt ‘Gurten’ gestaltet von Büne Huber.
  3. Bern – Chur: die neue Direktverbindung Aare-Linth.
  4. Auf dem Wimmelbild von Konrad Beck im Familienabteil der Traverso-Züge finden sich Reisegeschichten.
  5. Burgdorf: SOB Aare-Linth nach Chur, BLS-Cargo Richtung Italien.
  6. CEOs an der Einweihung und wohl bald auf der Suche nach weiteren
  7. Direktzügen, Daniel Schaffer BLS (li.) und Thomas Küchler SOB (re.)